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7. Schaltvorgänge an RC-Kombinationen

  1. Kondensator in IC's --> MOSFET
  2. Laden / Entladen von FET-Kondensator

Abb. 1: Kondensator im elektrischen Stromkreis
elektrotechnik_1:kondensatorimstromkreis.png

Im vorherigen Kapitel wurde bereits der Kondensator beschrieben. Er besteht aus zwei isolierten Leitern, die von einem Isolator getrennt sind (vgl. Abbildung 1).
Sie dienen als Energiespeicher. Dies geschieht in folgender Art:

  1. Eine äußere Quelle zieht Ladungsträger von einer der Elektroden ab und befördert diese zur anderen Elektrode
  2. Ist die äußere Quelle eine Spannungsquelle mit der Spannung $U$ so stellt sich nach einer gewissen Zeit ein stationärer Zustand ein.
    In diesem ist eine fester Anzahl $+Q$ auf der positiven Elektrode und $-Q$ auf der negativen Elektrode.
  3. Diese Ladungen bilden in Zwischenraum der Elektroden ein elektrisches Feld aus. Dieses Feld speichert die zugeführte Energie.

Es gilt: Je größer die Spannung $U$ ist, desto mehr Ladungen $Q$ werden auf der Elektrode gespeichert. Dieser Zusammenhang ist direkt proportional mit der Proportionalitätskonstante $C$:

\begin{align*} C = {{Q}\over{U}} \quad \quad \text{mit:} \quad [C]=1 {{As}\over{V}}= 1 F = 1 Farad \end{align*}

Aber nicht immer ist direkt zu erkennen, das ein Aufbau einen Kondensator enthält.
So sind folgende Beispiele auch Kondensatoren:

  • offener Schalter: Liegt zwischen den beiden Metallteilen eine Spannung an, so können sich dort auch Ladungen ansammeln.
    Da die Abstände in der Regel groß sind und als Dielektrikum Luft verwendet wird, ist die Kapazität des so gebildeten Kondensators sehr klein.
  • Freileitung: Eine Freileitung stellt gegen das Massepotential des Erdbodens auch ein Kondensator dar. Das Laden und Entladen durch den Wechselstrom führt dazu, dass sich polarisierbare Moleküle Ausrichten können. So werden z.B. die Wassertropfen in der Nähe der Leitung durch das Feld durchgewalkt und brummen mit $100Hz$ und vielfachem davon (Oberwellen). Durch Spitzenentladung ergibt sich das hochfrequente Knistern.
  • Leiterbahn: Auch eine Leiterbahn auf einer Platine kann gegen eine naheliegende Massefläche einen Kondensator darstellen. Dies kann für digitale Signale eine Problem darstellen (sieh Lade- und Entladekurven im Folgenden)
  • Menschlicher Körper: Der menschliche Körper kann ebenso Ladung aufnehmen. Die so aufgenommene Ladung bildet gegenüber anderen Objekten einen Kondensator. Dieser kann auf einige $kV$ aufgeladen werden. Dies macht besondert in Elektrolaboren Probleme, da durch die bloße Berührung von Bauteilen diese zerstört werden können.
  • Membran von Nervenzellen: Auch bei Nervenzellen ergeben sich durch die Lipiddoppelschicht (Membran der Nervenzelle) und den zwei zellulären Flüssigkeiten mit unterschiedlichen Elektrolyten (Ionen) ergeben einen Kondensator. Die Nervenzellen sind für eine schnellere Übertragung mit einer dicken Schicht (Myelinschicht) umgeben. Diese senkt die Kapazität und erhöht damit das nacheinander stattfindende Aufladen aufeinanderfolgender Teile der Nervenzelle. Bei Krankheiten wie Creutzfeldt–Jakob oder Multiple Sklerose dünnt sich diese Schicht aus. Dies führt zu verzögerter Signalübertragung welche die Krankheitsbilder prägt.

Abb. 2: Schaltung für die Betrachtung der Lade- und Entladekurve
elektrotechnik_1:schaltungentladekurve.png

Im Folgenden soll der Ladevorgang eines Kondensators näher betrachtet werden. Dazu muss man sich vergegenwärtigen, dass beim Laden des Kondensators neben der Spannungsquelle $U_0$ und dem Kondensator $C$ immer auch ein Widerstand $R$ in der Schaltung vorliegt. Dieser setzt sich zusammen aus dem Innenwiderstand der (nicht-idealen) Spannungsquelle, dem Innenwiderstand des Kondensators und dem parasitären (=störenden) Widerstand der Leitung. Bei praktischen Anwendungen ist häufig erwünscht dass sich Kondensatoren in einem bestimmten Zeitbereich aufladen. Dazu wird ein weiterer, reeller Widerstand in die Schaltung eingefügt. Um die Ladung zu starten, wird noch ein (idealer) Schalter $S$ eingefügt. Die zu betrachtende Schaltung sieht also dann aus wie in Abbildung 2 gezeigt.

Ein idealer Schalter ist dabei gekennzeichnet durch:

  • unendlich schnellem Schalten
  • Widerstand von $0\Omega$ im geschlossenen Zustand („Kurzschluss“)
  • Widerstand $\rightarrow \infty$ im offenen Zustand („offene Leitung“)
  • keiner kapazitiven Wirkung
In diesem Kapitel werden auch zeitlich veränderliche Größen betrachtet. Diese werden allgemein mit kleine Buchstaben gekennzeichnet. Beispiele für zeitlich veränderliche Größen sind:
  • Eine zeitlich veränderliche Spannung $u_C(t)$ am Kondensator oder die Spannung $u$ einer Wechselspannungsquelle im Gegensatz zu einer konstanten Spannung $U_0$ an einer Konstantspannungsquelle
  • Ein zeitlich veränderlicher Strom $i_L(t)$ an einer Spule oder zeitlich veränderlicher Strom $i_L(t)$ an einem Kondensator

Da durch den kleinen Buchstaben bereits die Zeitabhängigkeit klar ist, wird bei diesen Größen gelegentlich diese nicht durch das nachgestellte $(t)$ angegeben. Es ist also $u = u(t)$.

Ziele

Nach dieser Lektion sollten Sie:

  1. die Zeitkonstante $\tau$ kennen und insbesondere ausrechnen können.
  2. den Zeitverlauf der Ströme und Spannungen am RC-Glied bei gegebenem Widerstand und Kapazität ermitteln können.
  3. die Stetigkeitsbedingungen der elektrischen Größen kennen.
  4. wissen, ab wann (=nach welchem Maß) der Kondensator als vollständig aufgeladen / entladen gilt, also ein stationärer Zustand als erreicht betrachtet werden kann.

Abb. 2: Schaltung für die Betrachtung der Lade- und Entladekurve
elektrotechnik_1:schaltungentladekurve2.png

Um den Ladevorgang eines Kondensators zu verstehen, soll ein zunächst ungeladener Kondensator mit der Kapazität $C$ über einen Widerstand $R$ von einer Gleichspannungsquelle $U_0$ geladen werden.

  • Damit die Spannung $U_0$ zu einer bestimmten Zeit $t_0 = 0 s$ erst wirkt wird der Schalter $S$ zu diesem Zeitpunkt geschlossen.
  • Direkt nach dem Zeitpunkt $t_0$ fließt der maximale Strom („Ladestrom“) im Stromkreis. Dieser wird nur durch den Widerstand $R$ begrenzt. Der ungeladene Kondensator hat zu dem Zeitpunkt eine Spannung $u_C(t_0)=0V$. Die maximale Spannung $u_R(t_0)=U_0$ liegt am Widerstand an. Der Strom ist $i_C(t_0)={{U_0}\over{R}}$.
  • Durch den Strom fließen Ladungsträger von einer Elektrode zur anderen. Damit wird der Kondensator geladen und seine Spannung steigt $u_C$.
  • Somit reduziert sich die Spannung $u_R$ am Widerstand und damit auch der Strom $i_R$.
  • Durch den so reduzierten Strom fließen weniger Ladungen auf der Kondensator.
  • Idealerweise ist der Kondensator erst bei $t \rightarrow \infty$ vollständig geladen. Er trägt dann die Ladung: $q(t \rightarrow \infty)=Q = C \cdot U_0$

Der Ablauf soll nun im einzelnen in Formel gefasst werden.
Allgemein gilt auch bei zeitlich veränderlichen oder infinitesimalen Größen an festen Komponentenwerten:

\begin{align*} R = {{u_R(t)}\over{i_R(t)}} = {{du_R(t)}\over{di_R(t)}} \\ C = {{q(t)}\over{u_C(t)}} = {{dq(t)}\over{du_C(t)}} \end{align*}

Zeitpunkt t=0

Durch die Betrachtung der Masche ergibt sich allgemein: Die Spannung der Quelle ist gleich der Summe der beiden Spannungen über Widerstand und Kondensator.

\begin{align*} U_0 =u_R + u_C = R \cdot i_C + u_C \tag{7.1.1} \end{align*}

Im ersten Augenblick $dt$ fließt durch den Strom $i_C$ ein infinitesimal kleines Ladungs„häppchen“ $dq$ von der Spannungsquelle getrieben durch den Stromkreis.
Für diese ergibt sich:

\begin{align*} i_C = {{dq}\over{dt}} \quad \quad \text{und} \quad dq = C \cdot du_C \end{align*}

Aus den beiden Formeln lässt sich der Ladestrom $i_C$ ermitteln:

\begin{align*} i_C = C \cdot {{du_C}\over{dt}} \end{align*}

Damit wird $(7.1.1)$ zu:

\begin{align*} U_0 &=u_R + u_C \\ &= R \cdot C \cdot {{du_C}\over{dt}} + u_C \end{align*}

hier folgt etwas Mathematik:
Dieses Ergebnis stellt eine Differentialgleichung 1. Ordnung dar.
Dieses sollte generell so umgeschrieben werden, dass der (von der Variablen) abhängige Teil auf eine und der Rest auf der anderen Seite steht.
Dies liegt hier schon vor. Der passende Ansatz für ein solches Problem ist:

\begin{align*} u_C(t) = \mathcal{A} \cdot e^{\mathcal{B}\cdot t} + \mathcal{C} \end{align*}

\begin{align*} U_0 &= R \cdot C \cdot {{\mathcal{A} \cdot e^{\mathcal{B}\cdot t} + \mathcal{C}}\over{dt}} + \mathcal{A} \cdot e^{\mathcal{B}\cdot t} + \mathcal{C} \\ &= R \cdot C \cdot \mathcal{AB} \cdot e^{\mathcal{B}\cdot t} + \mathcal{A} \cdot e^{\mathcal{B}\cdot t} + \mathcal{C} \\ U_0 - \mathcal{C} &= ( R \cdot C \cdot \mathcal{AB} + \mathcal{A} ) \cdot e^{\mathcal{B}\cdot t} \\ \end{align*}

Diese Gleichung muss für jedes $t$ gelten. Dies ist nur möglich wenn der linke als auch der rechte Term gleich 0 werden.
Es gilt also:

\begin{align*} \mathcal{C} = U_0 \\ \\ R \cdot C \cdot \mathcal{AB} + \mathcal{A} &= 0 \quad \quad | : \mathcal{A} \quad | -1 \\ R \cdot C \cdot \mathcal{B} &= - 1 \\ \mathcal{B} &= - {{1}\over{R C}} \\ \end{align*}

Es ergibt sich also:

\begin{align*} u_C(t) = \mathcal{A} \cdot e^{\large{- {{t}\over{R C}} }} + U_0 \end{align*}

Für die Lösung muss noch gelten, dass zum Zeitpunkt $t_0=0$ gerade gilt $u_C(t_0) = 0$:

\begin{align*} 0 &= \mathcal{A} \cdot e^{\large{0}} + U_0 \\ 0 &= \mathcal{A} + U_0 \\ \mathcal{A} &= - U_0 \end{align*}

Die Lösung ist also:

\begin{align*} u_C(t) &= - U_0 \cdot e^{\large{- {{t}\over{R C}}}} + U_0 \\ &= U_0 \cdot (1 - e^{\large{- {{t}\over{R C}}}}) \end{align*}

Und damit ergibt sich: \begin{align*} u_C(t) &= U_0 \cdot (1 - e^{\large{- {{t}\over{R C}}}}) \end{align*}

Diese Lösung für das Laden enthält einige interessante Eigenschaften:

  • Im Exponenten muss ein einheitenloser Term stehen. Also muss $RC$ auch eine Zeit darstellen. Diese Zeit wird Zeitkonstante $\tau =R \cdot C$ genannt.
  • Zum Zeitpunkt $t=\tau$ ergibt sich: $u_C(t) = U_0 \cdot (1 - e^{- 1}) = U_0 \cdot (1 - {{1}\over{e}}) = U_0 \cdot ({{e-1}\over{e}}) = 0,63 \cdot U_0 = 63\% \cdot U_0 $ \\Es wird also der Kondensator nach einem $\tau$ auf 63% aufgeladen.
  • Zum Zeitpunkt $t=2 \cdot \tau$ ergibt sich: $u_C(t) = U_0 \cdot (1 - e^{- 2}) = 86 \% \cdot U_0 = (63 \% + (1-63 \%) \cdot 63 \% ) \cdot U_0$
    Nach jedem weiteren $\tau$ wird also der noch nicht aufgeladene Rest ($1-63 \%$) wieder zu 63% aufgeladen.

Ermittlung der Ladekurve mittels Differentialgleichung

Ermittlung der Entladekurve

In Falstad ist es möglich das Lade- und Entladeverhalten nachzubilden. Machen Sie sich damit vertraut, wie dieses von der vorgegebenen Kapazität abhängt.

Ziele

Nach dieser Lektion sollten Sie:

  1. den Energieinhalt in einem Kondensator berechnen können.
  2. die Energieänderung eines Kondensators berechnen können, welche sich durch eine Änderung der Spannung zwischen den Kondensatoranschlüssen ergibt.
  3. (Anfangs)Strom, (End)Spannung und Ladung beim Ladungsausgleich von mehreren Kondensatoren (auch über Widerstände) berechnen können.

Herleitung der Energieinhalts eines Kondensators

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Übungsaufgabe zum Laden/Entladen des Kondensators

weitere Übungsaufgabe zum Laden/Entladen des Kondensators

weitere Übungsaufgabe zum Laden des Kondensators

Übungsaufgabe zum Ladungsausgleich zweier Kondensatoren


Vergleich der Elektrik mit der Fluidmechanik